Was sind Kellerkinder...

Die Kellerkinder, ein Erklärungsansatz....

 

Die Kellerkinder im Neuwerk sind eine Gruppe von Menschen die sich im Untergeschoss desselben eingerichtet haben. Sie wohnen in Räumen verschiedenster Größe, die im Deutschen „Bodegas“ genannt werden.

Die Interessen der meisten Kellerkinder wenden sich der mehr oder weniger gepflegten Schrauberei und Bastelei an diversen Arten von Fahrzeugen zu. Sie erstrecken sich von Oldtimern mit sowohl zwei, als auch drei und sogar vier Rädern über allerlei bizarre Maschinen mit nicht immer erkennbarer Funktion und schwer zu erratendem Zweck bis hin zu normalen und auch unnormalen Motorrädern jeglicher Bauart sowie Fahrrädern jeglichen Alters und sogar kleinen ganz echten Eisenbahnen.

Damals, als das Neuwerk noch nicht eG. hieß, waren die Bodegas, die auch oft noch „Werkstatt“ genannt wurden und werden, durch reichlich dünne Wände aus Spanplatten, Blechtafeln, handgeknüpfte Perserteppichen, Euro-Paletten und vollbeladene Einkaufswägen  voneinander getrennt. Auch war die elektrische und sanitäre Anbindung bei weitem unkomplizierter aufgebaut als heute, was mitunter zu kleineren Unstimmigkeiten untereinander und zu größeren Unstimmigkeiten mit der Tante E. und mit noch größeren Unstimmigkeiten mit den Stadtwerken geführt hat.

Heute sind die Bodegas durch gemauerte Wände räumlich voneinander getrennt, sind abschließ- und beheizbar und verfügen über Wasser und Strom.

Eine jede Bodega ist gemäß den Bedürfnissen des Kellerkindes individuell ausgestattet. Neben perfekt eingerichteten Fahrradwerkstätten gibt es Motorrad- und auch Auto- , ja sogar Traktor- und Eisenbahnwerkstätten. Nicht fehlen dürfen natürlich je nach Geschmack des Kellerkindes ausgestattete Sozial-, Bade- und Multimediabereiche, die bei Bedarf sogar räumlich getrennt und vollkommen abschottbar ausgeführt werden können.

In den Bodegas gehen die Kellerkinder zu verschieden großen Teilen ihrer Anwesenheitszeit teils ihren eigenen Interessen und Plänen nach, teils der geschätzten und beliebten, aber auch gefürchteten Kontaktpflege.

Während die einen mit dem geringstnötigen Aufwand ihre Maschinen am laufen erhalten, hegen und pflegen andere ihre in jungen Jahren erworbenen Lieblinge bis zur Perfektion und bis zu einem Zustand, der dem originalen oft sehr nahe kommt, ja ihn mitunter sogar übertrifft. Oftmals werden Projekte bis auf die allerletzte Schraube zerlegt und komplett neu aufgebaut, was in einigen Fällen mehrere Jahre dauern kann. Zumal einige noch genau so aussehen, wie vor 15 oder 20 Jahren. „Wenn i mol Zeit hab’“.

Es wird geschraubt, gebohrt, gesägt und gedengelt, gefeilt, gehobelt und genietet, gefräst, geschweißt, gedreht und gedampft; also alle spanabhebenden, formgebenden und fügenden Vorgänge angewandt, um zum Ziel zu kommen. Ebenso wird gespachtelt, geschliffen, grundiert und lackiert, poliert, geputzt und noch ein paar Mal poliert, was auch alles Vorgänge sind. Und wenn dann das Objekt der schlaflosen Träume zum Leben erweckt wird oder einfach nur wieder funktioniert, dann ist das stets der Anlass zu lautstarken, aber herzlichen Gratulationen und abendfüllenden Diskussionen. Egal, wie groß oder klein der Erfolg, er muss analysiert werden.

Denn :

Neben ihren eigenen, weit gefächerten Interessensgebieten vergessen die Kellerkinder jedoch nicht die zwischenmenschliche Kontaktpflege. Nein, sie vergessen sie nicht nur nicht (?), sondern sie leben sie; eigentlich haben sie sie erfunden. Sie wird als äußerst wichtiges Medium zum gelegentlichen oder regelmäßigen Gedankenaustausch verstanden. Wo zwei beim qualifizierten Fachgespräch beieinanderstehen, wobei das Thema stets zwischen den jeweiligen Spezialgebieten der beiden Kontaktpfleger hin und her wechselt und auch gern einmal beide Gebiete gleichzeitig behandelt, da ist der Dritte im Bunde nicht fern. Stößt dieser zum Forum, so wird, sozusagen zur Begrüßung und als Zeichen der Achtung, seine Fragen- und Antwortliste abgearbeitet.

Gibt die erste Diskussionsrunde nichts Nennenswertes mehr her und kommt nicht ein viertes Kellerkind, das begrüßt werden muss, hinzu, wendet sich die Aufmerksamkeit eines jeden dem Ende des ersten Aktes zu. Wenn sich alle im klaren darüber sind, ob die nächste Stunde in der gleichen Position verbracht werden kann oder nicht, werden die einen beginnen, sich nach Hause zu verabschieden oder ihre Bodegas aufzusuchen, während andere sich, wenn nicht schon geschehen, mit einem erfrischenden Getränk aus einem der zwei eurofressenden Blechschränke oder einem kleinen echten Kühlschrank auf den zweiten Teil des Kontaktpflegeaktes vorbereiten.

Während die routinierteren unter ihnen bereits die zweite Pause der Abendrunde vor Augen haben und sie ihre Viersachen zusammensuchen (Schlüssel, Handy, Brieftasche und Jacke) und an markanten Stellen aufeinanderlegen, stehen die unerfahreneren oder aber die ganz abgebrühten unter ihnen herum und lauschen den Vorträgen des Pausenclowns. Dieser ist auf jeder Diskussionsrunde zu finden, seine Rolle wird von einer erlesenen Auswahl professioneller Kellerkinder im Wechsel verkörpert und dient der Kurzweil und zum Spannen der Neuwerkfalle.

In der zweiten Runde, der Pflicht, werden die Themengebiete erweitert. Aktuelle Neuwerkthemen, allgemeines Tagesgeschehen, Wetter und Verkehr bilden den Anfang, gefolgt von Politik, Wirtschaft über Wissenschaft bis zu Allgemeinem und Sonstigem wird diskutiert. Die Professionalität der Diskussionen hängt weniger von den Teilnehmern ab als von der aktuellen Uhrzeit. Im zweiten Teil der Abendrunde geht fast jeder noch einmal ein Getränk ziehen und jeder zweite das erste Mal aufs Klo. Da die zweite Runde oftmals etwas lauter zu Ende geht, gibt es in der zweiten Pause meistens einen Schnitt. Diejenigen, die zuvor ihre Viersachen gerichtet haben, haben zwei Möglichkeiten: Zum einen sich im rechten Augenblick zu verabschieden, zum anderen ganz gelassen dem dritten Teil gegenüberzutreten. Die unerfahrenen unter den Pausenclown-Zuschauern bleiben einfach hängen, die abgebrühten machen was sie wollen.

Wer noch da ist, begibt sich zum dritten Teil, der Kür.

In der Kür macht jeder was er will. Sehr beliebt ist es, Spezialgebiet anderer besser beherrschen zu wollen als diejenigen und dies auch lauthals kundzutun. Auch oft angewandt ist das kritische Mustern von Maschinen anderer, nichts zusagen wenn die Besitzer sich neben einen stellen und sobald diese sich abwenden, mit dem Kommentar anzufangen. Auch beliebt ist das „Absichtlich-aneinander-vorbeireden“. Wer will, kickert oder spielt Ballerspiele am PC. Die Kür endet meist mit Philosophie 1, Neuwerk-Spezialthemen und Durcheinandergerede.

Während in den ersten drei Runden stetig die Zahl der Teilnehmer variiert, teils weil sie sich zeitweise in ihre Bodegas zur Hobbyausübung zurückziehen, teils, weil einige nach Hause gehen und andere neue dazukommen, bleibt die Zahl der Teilnehmer im vierten und letzten Teil, der endlosen Zugabe, stets gleich.

Diese  übrigen absolvieren in der Zugabe noch Philosophie 2 und als Abschluss weiteres  Durcheinandergerede. Dazu wird gekickert und dann gehen alle nach Haus. Die Zugabe kann beliebig oft wiederholt werden, der Inhalt muss sich nicht ändern. Irgendwann ist eine Endlos-Schleife erreicht, der zu entkommen nur ganz wenigen Spezialisten gelingt. Man nennt diesen Zustand auch die „Neuwerkfalle“. Ist sie mal zugeschnappt, ist der nächste Tag meist versaut.

 

Der Kreis der Kellerkinder setzt sich aus allen sozialen Schichten zusammen. Die einen sind jeden Tag anzutreffen, andere gegen sich nur ein paar Mal im Jahr die Ehre.

Die Aktivitäten der Kellerkinder außerhalb des Neuwerks sind ebenfalls sehr mannigfaltig. Über gemeinsame Ausfahrten, Mehrtagesausflüge, Besuch kultureller Veranstaltungen, Wandertouren, Bodenseetörns und Stadtführungen werden sogar mehrtägige Survivaltrainings im Ausland unter härtesten Bedingung veranstaltet.

 

Doch immer wieder, zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter, finden sie sich wieder ein, finden zueinander und freuen sich über jedes Nicht-Kellerkind, das sich im UG verirrt und haben ihre helle Freude daran, wenn er erst nach geraumer Zeit wieder denn Weg nach draußen schafft.

 

NKK: „Entschuldigung, wo ist denn hier der Chor ?“ ; KK: „Hier jedenfalls nicht, aber komm mal daher !“ .

 

Wer es einmal erlebt hat, kommt immer wieder.

 

(Meikel)

 

 

 

 

 

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